
Als „Regisseurin von Ausnahmeformat“ für ihre Inszenierungen von Don Giovanni und Evita gefeiert, eilt der in Saarbrücken lebenden Theaterwissenschaftlerin Barbara Schöne der Ruf voraus, genreübergreifend „pointenscharf, präzise und ungemein unterhaltsam“ (Opernwelt) zu arbeiten. Am 2. Und 3. Juni 2018 präsentiert das Leonhardi-Ensemble e.V. Georges Bizets Oper Carmen in Höhenkirchen, bei der Barbara Schöne Regie führt.
Frau Schöne, in Ihrer
Inszenierung treten die Chormitglieder des Leonhardi-Ensembles als
spießige Büromenschen und im Gegensatz dazu als leichte Damen auf. Was
ist die Grundaussage, die Sie damit vermitteln möchten?
Ich
möchte weg von den typischen Carmen Klischees, die in irgendeinem
Spanizismus – so nenne ich es mal – verhaftet bleiben. Darum geht es
nicht. Ich will keine temperamentvolle Frau aus einer anderen Region zu
zeigen, sondern vielmehr das selbstbestimmte Leben einer Frau und ganz
bewusst von einer Frau.
Warum ist Ihnen das wichtig?
Tatsächlich
leben wir ja auch heute im Jahr 2018 noch in einer Gesellschaft, die
bestimmte Vorstellungen von einer Frau, einer Mutter, auch einer
arbeitenden Mutter hat. Bei Carmen ist es das Gleiche. Sie aber geht
einfach ihren eigenen Weg, hat ihren eigenen Kopf und schert sich nicht
darum, was die Anderen von ihr denken. Und auch die Gesellschaft drum
herum lebt in einer Scheinwelt, in der zwar große Vorstellungen davon
herrschen, wie man zu leben hat, in der sich aber niemand daran hält. Im
stillen Kämmerlein ist doch jeder in seinen eigenen dunklen Abgründen
gefangen und gibt es nur nicht so preis wie eine Carmen. Sie formuliert
ganz offen, was sie will und was nicht und nimmt sich auch nur das, was
sie will. Da prallen zwei Welten aufeinander, die es zu durchmischen
gilt – die scheinspießige Bürowelt und die freilebige Welt. Im Laufe des
Stücks wird dann aber auch immer deutlicher, dass sich die Welten gar
nicht so sehr voneinander unterscheiden.
Was ist die größte Herausforderung für die Sängerinnen und Sänger aus Ihrer Sicht?
Carmen
ist ein langes und schweres Stück – das darf man nicht unterschätzen.
Die größte Herausforderung ist sicherlich, die Konzentration und die
Spannung über den kompletten Abend zu halten, körperlich wie auch
inhaltlich. Die Rolle des Chors wird oft unterschätzt, aber im Grunde
stellt sie ja den Rahmen der Gesellschaft dar, in der sich die Solisten
bewegen. Da schaut das Publikum immer hin und man muss die ganze Zeit
über die Spannung halten, auch wenn man gerade nichts zu tun hat. Und
natürlich ist es auch eine Herausforderung mit der Aufregung umzugehen.
Was macht Ihrer Meinung nach das Leonhardi-Ensemble besonders?
Der
unglaubliche Zusammenhalt, die Ambition und der Eifer so ein riesiges,
schweres Projekt auf die Bühne zu stellen. Hier hat jeder seine Aufgabe.
Der Eine macht die Organisation, der Nächste den Kontakt mit den
Solisten, einer ist für die Requisiten zuständig, der Andere für die
Bühne. Dass da alle zusammenhelfen finde ich großartig. Das ist ein
Engagement, das man fast nur im Laienbereich findet. Da will man etwas
erreichen und kämpft gemeinsam für eine Sache.